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Erwartete Schwierigkeiten beim Treffen von Vereinbarungen

„Welche Schwierigkeiten sind beim Treffen von Vereinbarungen zu erwarten?“ war eine Frage von einem Seminarteilnehmer, die mich besonders beschäftigt hat. Die Antwort lautet leider „Viele!“. Das bestätigten mir auch Gespräche mit Lehrer/innen, Eltern und Schüler/innen, die motiviert an das Treffen von Vereinbarungen  herangegangen sind. Ich liste im Anschluss  die vier am häufigsten aufgezählten Schwierigkeiten auf und führe  Ideen an, wie damit umgegangen werden könnte bzw. welche Vorgangsweisen sich zur Bewältigung schon bewährt haben.

1. Widerstand bei Veränderung

Viele Beispiele aus dem Schulalltag zeigen, dass vor allem beim Lehrerkollegium und/oder der Schulleitung mit Widerstand zu rechnen ist. Das bewusste Treffen von Vereinbarungen unter Berücksichtigung des zirkulären Prozesses wie es in der Handreichung beschrieben ist, ist für viele „Neuland“ und Neues bedeutet für die meisten, dass sie ihre Komfortzone verlassen und sich auf etwas Unbekanntes einlassen sollen. Zeit, Aufwand, Erfolg und Konsequenzen der Maßnahme sind schwer einzuschätzen. Das verursacht zunächst oft Unbehagen bei den Beteiligten. Dieses Gefühl ist ein Schutzmechanismus gegen Überforderung und macht darauf aufmerksam, dass mit Vorsicht an die Sache heranzugehen ist. Begegnen Sie diesem Widerstand mit Achtsamkeit, gehen Sie auf die Bedenken, Ängste und Argumente ein und sprechen Sie diese an! So fällt es den beteiligten und involvierten Personen meist leichter sich auf etwas Neues einzulassen. Entlastend ist auch die Tatsache, dass eine Vereinbarung nicht beim ersten Mal sofort funktionieren muss, sondern sich oft erst durch mehrmaliges Überarbeiten zu einer förderlichen und erfolgreichen Vereinbarung entwickeln kann. Damit komme ich gleich zur zweiten Schwierigkeit:

2. Scheitern einer Vereinbarung

Was passiert, wenn die Vereinbarung nicht eingehalten wird? Die spezielle Herausforderung einer Vereinbarung liegt darin, nicht zu kapitulieren, wenn einer der beteiligten Personen, die Vereinbarung gebrochen hat oder womöglich mit Druck und Sanktionen darauf zu reagieren. Ganz im Gegenteil, jetzt ist es besonders wichtig auf den zirkulären Ablauf eines Vereinbarungsprozesses zu achten und die Phasen eines positiven Verlaufs nochmals zu kontrollieren und zu durchlaufen. Wenn eine Vereinbarung scheitert, liegt es meistens daran, dass Bedürfnisse und Wünsche der Vereinbarungspartner übersehen wurden. Achten Sie darauf, dass für alle Beteiligten klar ist, welchen Nutzen sie durch die Vereinbarung haben und welchen Beitrag dafür jeder zu leisten bereit ist. Es ist förderlich das gemeinsame Ziel und dessen Formulierung nochmals genauestens unter die Lupe zu nehmen. Erfahrungsgemäß entwickelt sich durch das mehrmalige Reflektieren und Arbeiten am Vereinbarungsprozess neben einer erfolgreichen Vereinbarung auch eine intensivere qualitätsvollere Beziehung der Vereinbarungspartner. Dranbleiben, statt aufgeben!

„Perfekt sein verhindert das Gute, das jetzt schon möglich wäre!“ (Fjodor M. Dostojewski)

 

3. Hoher Zeitaufwand

Ja, das Treffen von Vereinbarungen und die Entwicklung einer Vereinbarungskultur am Schulstandort sind vor allem anfänglich sicherlich mit einem hohen Zeitaufwand und persönlichem Engagement verbunden. Allerdings bringt das gemeinsame Arbeiten an Vereinbarungen mit allen Schulpartnern auch viele Chancen mit sich: persönliche Entlastung durch geteilte Verantwortung,  motivierte Vereinbarungspartner, die durch den offensichtlichen Nutzen aus eigenem Antrieb auf das Ziel hinarbeiten ,  Gewaltprävention durch größeres gegenseitiges Verständnis und Wertschätzung, angenehmes Arbeitsklima durch die Förderung der sozialen Kompetenzen und dadurch verbesserte Kommunikationsprozesse, gegenseitige Unterstützung bei Schwierigkeiten und das führt in der Folge wieder zu weniger Zeitaufwand.

 4. Grenzen von Vereinbarungen

Besonders hinweisen möchte ich auf die Tatsache, dass Vereinbarungen als geeignete Maßnahme für  schwierige, herausfordernde Situationen im Schulalltag auch ihre Grenzen haben. Vor allem zur Deeskalation von Konflikten oder bei Gewaltandrohung ist es notwendig rasch zu handeln, damit die eigene Sicherheit und die der Schüler/innen gewährleistet sind.  Nach einem mehrmaligen achtsamen Durchlaufen des Vereinbarungsprozesses ohne Fortschritte ist es ebenso notwendig, dass Lehrpersonen ihre pädagogische Verantwortung wahrnehmen und andere Maßnahmen, die zu einer positiven Veränderung der Lage führen können, in Betracht ziehen und umsetzen.

Es gibt jedoch sehr, sehr viele Wege an jedem Schulstandort Vereinbarungen im Alltag einzubauen und ihr Potenzial zu nutzen.  Kreativität eröffnet hier ungeahnte Möglichkeiten. Im nächsten Blogbeitrag werde ich einige konkrete Beispiele aus dem Schulalltag anführen.

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